Sprach-Kita

Wir sind eine "Sprach-Kita"

Sprache ist der Schlüssel zur Welt: Wir brauchen sie, um uns zu verständigen, zu spielen und zu lernen. Wisenschaftliche Studien zeigen, dass Kinder von sprachlicher Bildung besonders profitieren, wenn sie früh beginnt. Die Kita ist der ideale Ort, um die Sprachentwicklung Ihrer Kinder spielerisch anzuregen.

Alltagsintegrierte sprachliche Bildung bedeutet, dass die Kinder ganz nebenbei, in alltäglichen Situationen, die deutsche Sprache lernen und ihren Wortschatz ausbauen. Das bedeutet nicht, dass die Kinder regelmäßig in Kleingruppen oder zu bestimmten Zeiten üben. Die Erzieherinnen und Erzieher nutzen bewusst vielfältige Gelegenheiten wie das Mittagessen, um die natürliche Sprachentwicklung der Kinder anzuregen und zu fördern. Dabei wird sich an den individuellen Kompetenzen und Interessen der Kinder orientiert. So können alle Kinder von alltagsintegrierter sprachlicher Bildung profitieren.

Was ist eine Sprach-Kita?

Die Sprach-Kitas legen besonderen Wert auf sprachliche Bildung im Kita-Alltag. In diesen Kitas arbeitet eine zusätzliche Fachkraft für sprachliche Bildung. Sie wird im Rahmen des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ fachlich begleitet.

Was macht die zusätzliche Fachkraft für sprachliche Bildung?

Die zusätzliche Fachkraft berät, begleitet und unterstützt das Kita-Team in den drei Schwerpunktbereichen:

  • Alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit

  • Inklusive Pädagogik

  • Zusammenarbeit mit den Familien

Sie zeigt den Erzieherinnen und Erziehern zum Beispiel, wie sie die sprachliche Entwicklung der Kinder beobachten und dokumentieren können. Die Beobachtungen bilden eine gute und wichtige Grundlage für Gespräche mit den Eltern über die Fortschritte Ihres Kindes.

Sie zeigt dem Team z.B. auch, wie es die Sprache in vielen alltäglichen Handlungen anregen kann, dass die Vielfalt der Kinder viele Sprachanlässe eröffnet und eine Bereicherung ist und dass die Erzieherinnen und Erzieher die Eltern zu den verschiedenen Bereichen beraten können.

Wie kam es dazu? Und wie sehen wir es? – Unsere Konzeption

Im Herbst 2012 starteten wir als „Schwerpunkt-Kita“ das Projekt „Offensive Frühe Chancen: Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration“. Ziel und Aufgabe des Programms war es, allen Kindern, unabhängig von Herkunft und sozialen Rahmenbedingungen, frühe Chancen auf Bildung und Teilhabe zu gewährleisten. In Schwerpunkt-Kitas sollte das sprachliche Bildungsangebot mittels alltagsintegrierter sprachlicher Bildung verbessert werden. Dies war das Vorgängerprojekt und wir durften auch schon dabei sein. Hier ist ein erster Konzeptionsentwurf entstanden, der aktuell durch das neue Projekt, das noch bis 2019 weiter andauert, weiterentwickelt wird.

Wir im katholischen Kindergarten St. Josef möchten,

  • die Sprechfreude der Kinder wecken und stärken, indem wir aktiv zuhören und Interesse am Kind und seinen Bedürfnissen haben

  • dass die Kinder die Lust am Dialog entdecken, indem wir offene Fragen stellen und uns Zeit für das Kind nehmen

  • durch das sprachliche Vorbild der Erwachsenen die kindliche Sprachentwicklung stärken, indem wir langsam und deutlich sowie in vollständigen und richtigen Sätzen sprechen

In der Eingangshalle unseres Kindergartens findet man ein Plakat des „Sprachbaumes“.

Der Sprachbaum nach Wolfgang Wendlandt symbolisiert die Einflussfaktoren auf die Sprachentwicklung bei Kindern.

  • Es müssen grundlegende Fähigkeiten (Wurzeln) ausgebildet sein, um Sprache zu entwickeln: Sehen, Hören, Tasten, Wahrnehmung, Motorik, Sprechapparat, geistige Entwicklung, Hirnreifung und sozial-emotionale Entwicklung. Nun wirken noch die soziale Umgebung, die Lebensumwelt und die Gesellschaft auf das Kind ein.

  • Sprachanregungen (Gießkanne) wie Blickkontakt halten und aussprechen lassen, fördern die Kinder in ihrer sprachlichen Entwicklung. Auch die Sprechfreude ist eine wichtige Voraussetzung. Um expressive Sprache (produktive Sprache) zu entwickeln, ist jedoch das Sprachverständnis sehr wichtig.

  • Hinzu kommen die Bereiche Artikulation (erst lernen die Kinder einfache, vordere Laute, später Lautverbindungen), Wortschatz (zu Beginn einfache Silbenverdopplungen, später Worte, dann Wortarten) und Grammatik (Regeln der Sprache: Einwort- über Zweiwortsätze, Verwendung von Nebensätzen und der Verbstellung).

  • Grundvoraussetzungen für das Wachsen ist zwischenmenschliche Wärme, Liebe und Akzeptanz. (Sonne)

    Alltagsintegrierte sprachliche Bildung von 3-6 Jährigen:

    Der Spracherwerb findet überwiegend im Alltag statt. In alltäglichen Aktivitäten werden das Gespräch und der Dialog zum Kind gesucht.

    Täglich, im Morgenkreis, findet ein Austausch statt. Die Kinder erzählen z.B. von Erlebnissen und erfahren von uns Erziehern, was sie an diesem Tag noch erwartet.

    Ein fester Bestandteil des Morgenkreises ist der Kalender. Die Kinder lernen hierbei spielerisch die Wochentage, Monate, Jahreszeiten und die Zahlen.

    Außerdem werden die Kinder spielerisch mit der Schriftsprache vertraut gemacht. So wird täglich der Name eines Kindes gezogen, das den Kalender stellen darf. Den Kindern wird der Name gezeigt und z.B. der Anlaut des Namens gesagt. So erkennen auch die Jüngeren ihren Namen nach einiger Zeit. In Anlehnung an das Würzburger Trainingsprogramm „Hören, Lauschen, Lernen“, führen wir mit unseren Vorschulkindern ein paar Mal pro Woche spielerische Übungen zur phonologischen Bewusstheit durch. Hierbei werden Lauschspiele, Reimübungen, Übungen zu Silben, Wörtern und Sätzen sowie verschiedene Lautübungen angeboten. All diese Fähigkeiten sind Vorausläuferfähigkeiten für den Schriftspracherwerb.Übungen zur phonologischen Bewusstheit fließen bei uns aber auch mit in die alltägliche Arbeit ein.So klatschen wir z.B. unsere Namen oder andere Wörter. Wir machen Reimspiele und Sprechzeichnen. Beim Sprechzeichnen werden Sprache und Bewegung miteinander verbunden. Die kurzen Texte sind in Reimform geschrieben.

    Zur Stärkung der orofazialen Muskulatur und zur Verbesserung der Artikulation machen wir Mundmotorikgeschichten und zeigen den Kindern die korrekte Zungenruhelage, um einem späteren falschen Schluckmuster vorzubeugen.

  • Die Förderung von sprachlichen Handlungsmustern und Dialogen findet in Rollenspielen, alltagsbezogenen Aktivitäten sowie in Erzählungen und Beschreibungen statt. Bei einem Memory-Spiel z.B. wird benannt, was auf der Karte zu sehen ist und dieses Wort möglichst in Silben geklatscht. Hat das Kind oder der Erwachsene ein Paar, so benennt er gleich den Plural. Hierbei werden gleich drei verschiedene sprachliche Ebenen gefördert.

    Die Selbstdarstellung und der Ausdruck von Gefühlen, Erfahrungen und Gedanken werden in Geschichten, Spielen zum Körperausdruck und bestimmten Projekten gefördert.

    Alltagsintegrierte sprachliche Bildung wendet sich an alle Kinder. Möglichst viele alltägliche Handlungen sollen sprachlich begleitet werden z.B. beim Essen, Spielen usw., um die Kinder in ihrer Sprachentwicklung anzuregen. 

    Außerdem bietet die Gestaltung unseres Kindergartens sprachliche Anregungen. So gibt es z.B. einen digitalen Bilderrahmen im Eingangsbereich, auf dem immer mal aktuelle Bilder von Projekten, Ausflügen, bestimmten Festen usw. zu sehen sind. Dies bietet sprachliche Anregung und Austausch zwischen den Kindern, zwischen Kind und Erzieher sowie zwischen Kind und Eltern. Denn so sehen auch die Eltern, was ihr Kind erlebt hat und können sich mit ihm darüber austauschen. Wir sind uns unserer Rolle als Sprachvorbild bewusst und reflektieren unsere Ausdrucksfähigkeit und unser Dialogverhalten regelmäßig. Wir wenden verschiedene Modellierungstechniken an wie z.B. korrektives Feedback (falsch Gesagtes korrekt betont wiederholen), wir nehmen die Aussagen des Kindes auf und erweitern sie z.B „Da, Auto“ - „Genau, ein rotes Auto. Das fährt auf der Straße.“ und wir stellen offene Fragen.

    Entwicklungsbeobachtung und Dokumentation:

    Die meisten Beobachtungen finden im Freispiel statt. Hierfür nutzen wir Beobachtungsbögen (mit Datum und Namen versehen), auf die wir kurze Notizen schreiben, damit diese nicht in Vergessenheit geraten. Für ein Entwicklungsgespräch z.B. werden diese dann zusammengefasst und im Gruppenteam ausgewertet.

    Wir verwenden zur Feststellung des allgemeinen Entwicklungsstandes einen Beobachtungsbogen, der alle Entwicklungsbereiche grob abdeckt und zeigt, in welchen Bereichen genauer geschaut werden sollte.

    Für den Bereich Sprache verwenden wir den Fragebogen „SELDAK“: Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern sowie „SISMIK“: Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen.

    Zur Feststellung der Lautbildung gibt es den Lautüberprüfungsbogen nach Frank/Grziwotz.

    Außerdem führen wir jährlich den Münsteraner Entwicklungsbeobachtungsbogen (MEB) durch, der in Altersstufen unterteilt ist.

    Mehrsprachigkeit:

    Es ist uns wichtig, gleich beim Aufnahmegespräch zu erfahren, ob das Kind mehrsprachig aufwächst. Viele Eltern sind unsicher, in welcher Sprache sie mit ihrem Kind sprechen sollen und vermischen teilweise die Sprachen. Deshalb ist es uns wichtig, den Eltern Tipps zum Umgang mit der Mehrsprachigkeit zu geben und die Sprachen nach Personen und Situationen zu trennen. Hierfür bekommen die Familien Informationsblätter, die auch in mehreren Sprachen übersetzt sind. Des Weiteren haben wir einen Fragebogen erstellt, der mit den Eltern zusammen durchgesprochen wird. Die Eltern sollen den sprachlichen Entwicklungsstand ihres Kindes in der Muttersprache einschätzen, denn diese ist die Basis für den Zweitspracherwerb und entscheidend ist, dass das Kind in einer Sprache ein gutes Fundament hat.

  • Inklusive Pädagogik:

    Wir haben uns auf den Weg gemacht...

    Jedes Kind soll mit seinen Stärken und Schwächen, seinem persönlichen kulturellen Hintergrund, seiner individuellen Persönlichkeit sowie seiner gesundheitlichen Situation willkommen geheißen werden. Denn Vielfalt ist eine Bereicherung und es ist normal, verschieden zu sein!

    Kein Kind sollte befürchten müssen, ausgeschlossen zu werden! Jeder Mitarbeiter unserer Einrichtung setzt sich aktiv gegen Ausgrenzung und Diskriminierung ein. Außerdem reflektiert jeder Mitarbeiter seinen Sprachgebrauch. Wir möchten eine inklusive Sprache in unserer Einrichtung haben, d.h. eine respektvolle Sprache!

    Zusammenarbeit mit Familien:

    Um die Eltern mit in unsere Arbeit einzubeziehen, gibt es den „Elternordner“. Dieser befindet sich in der Elternecke. In diesem Ordner befindet sich alles zum Thema Sprache. Die Eltern bekommen Tipps und Anregungen, wie sie alltagsintegrierte Sprachförderung spielerisch von Anfang an umsetzen können. Es wird erklärt, warum eine korrekte Zungenruhelage sowie Mundmotorikübungen wichtig sind. Praktische Beispiele wie Mundmotorikgeschichten und bestimmte Mundmotorikübungen sind ebenso enthalten. Auch die Informationsblätter zum Thema Mehrsprachigkeit sowie diverse Fingerspiele und Wahrnehmungsspiele können kopiert werden. Jedoch auch zu anderen Themen, wie z.B. Linkshändigkeit, finden sich Anregungen und Tipps.

    In dieser Ecke befindet sich zudem noch eine große Stellwand. Hier werden immer wieder ein paar Zettel mit Anregungen und Tipps aus dem Ordner herausgenommen und aufgehangen. Außerdem findet man dort auch verschiedene aktuelle Zeitungsartikel. Um den Eltern unsere Arbeit transparent zu machen, werden auf einer Stellwand alle bisherigen erarbeiteten Themen mit kurzen Erläuterungen dazu auf buntem Papier dargestellt.

    Erziehungspartnerschaft ist uns wichtig. Wir möchten mit den Eltern den Blick gemeinsam dem Kind zuwenden. Deshalb finden beim Bringen und/oder Abholen kurze Tür- und Angelgespräche statt sowie jährlich mindestens ein Entwicklungsgespräch und Gespräche nach Bedarf. Bei der Aufnahme ihres Kindes lernen die Eltern und das Kind die Einrichtung (Räumlichkeiten) sowie das Personal kennen. Die Eltern erhalten alle wichtigen Informationen rund um den Kindergarten.

    Jede Gruppe bietet jährlich einen Elternabend an. Bei manchen Elternabenden können die Eltern im Vorfeld das Thema mitbestimmen. Des Weiteren bieten wir immer mal wieder Vorträge zu verschiedenen Themen mit externen Fachleuten an.

    Um unsere Arbeit stetig zu verbessern und die Anliegen/Wünsche der Eltern zu erfahren, führen wir jedes Jahr eine Elternumfrage durch.

    Seit 2013 gibt es in unserer Einrichtung Lesepaten. Einmal im Monat kommt eine Mutter oder ein Vater und liest ein selbst ausgewähltes Buch vor.

    In unserer Einrichtung gibt es einen Elternbeirat, der jährlich neu gewählt wird.

    Die Übergangsgestaltung von Krippe zu Kindergarten findet mit Einbeziehung der Eltern statt, denn der Übergang soll von allen bewusst wahrgenommen werden, er soll positiv und individuell sein. Deshalb finden Übergangsgespräche mit den Eltern, der Krippenerzieherin und der zukünftigen Erzieherin statt.

    Mit den jährlichen Umfragen, einem Beschwerdebriefkasten und dem Sprachrohr des Elternbeirates möchten wir den Eltern zu jeder Zeit die Möglichkeit geben, ihr Anregungen, Sorgen und Beschwerden bei uns vorbringen zu können.

    Die Eltern haben die Möglichkeit, sich bei Festgestaltungen zu beteiligen, es gibt Garten- und Hausaktionen sowie Bastelnachmittage.

    Die Leitung ist Familienberaterin, um Eltern Stellen zu vermitteln, wenn Hilfen notwendig sind (finanziell, sozial, emotional…)

    Sprachordner:

    In jeder Gruppe befindet sich ein „Sprachordner“. In diesem sind Übersichten zur Sprachentwicklung, zur Entwicklung der Konsonanten, zur spielerischen Sprachförderung, zur motorischen Entwicklung, zum Thema Mehrsprachigkeit, Tipps zur spielerischen Sprachförderung bei Kleinkindern. Außerdem findet man darin verschiedene Fingerspiele, Mundmotorikübungen, Wahrnehmungsspiele u.v.m. Der Ordner wird von den Erziehern stetig erweitert. So hat man immer die Möglichkeit nachzuschauen, wenn Fragen seitens der Eltern oder Erzieher zum Thema Sprache auftauchen.

    Das ist noch nicht das Ende:

    Da wir noch mitten im Projekt sind, wird sowohl dieser Teil als auch alle anderen Teile dieser Konzeption weiterentwickelt. Unser Kita-Team wird in regelmäßigen Abständen von der Leitung und der zusätzlichen Fachkraft in den drei Schwerpunktbereichen qualifiziert. Es ist uns wichtig, uns mit den Kindern, den neusten Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung und mit den Familien weiterzuentwickeln und aktiv und lernend zu bleiben. So wird diese Konzeption niemals wirklich fertig sein.